Angesichts der
aktuellen Nachrichten aus dem Kriegsgebiet in Syrien, muss wieder einmal jedem halbwegs
klardenkenden Bürger vor Empörung die Galle überlaufen. Egal ob es sich um euphorische
Feierstunden vor Ground Zero oder die Liquidierung von Osama Bin Laden handelt,
gleichgültig ob der Abwurf von Giftgasbomben auf die Bevölkerung oder das Kriegsgerassel
eines unzurechnungsfähigen US-Präsidenten jeden gesunden Menschenverstand ad
absurdum führt, das grauenvolle Schauspiel wiederholt sich und die Welt
diskutiert über Ursache und Wirkung.
Es kann einem
speiübel werden, wenn Nachrichtensprecher und Kommentatoren die unerträglichen Twitter-Flatulenzen
eines Donald Trump in die Welt blasen, der seine Raketen mit den Attributen schön,
neu und klug beschreibt und Assad und Putin droht, dass sie kommen werden. „Mach
dich bereit, Russland…“ so kündigt dieser psychopathische Donald in übelster
Hooliganmanier seine Reaktion auf den Giftgasangriff auf syrische Zivilisten
an, und schickt den US-Flottenverband auf dem Weg ins Mittelmeer.
Während sich die Alliierten
auf eine kriegerische Eskalation zwischen Putin, Assad und Trump vorbereiten,
berichten unsere Medien über das sich anbahnende Geschehen. Bewaffnet mit
Kameras, Videogerätschaften und hungrigen Objektiven übermitteln sie uns
gestochen scharfe Bilder, unterstützt durch fachkundige Regieanweisungen vor
Ort. Wir dürfen mitfiebern, wie in Syrien Kinder im Sand verrecken, Frauen in
Stücke gerissen werden oder Rebellen in Ost Ghuta filetiert werden.
Es steht zu
befürchten, dass im Namen der Humanität die amerikanischen und russischen Raketen
nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wie sonst wäre zu erklären, dass rund
um die Uhr über nichts Anderes als über Syrien berichtet wird. Helden sind
entweder gesund oder tot. The show must go on. Der Krieg als politische
Börsennotierung. Auf Deutschlands Mattscheiben findet Zynismus in Reinkultur
statt und die Sender brauchen Sensationen. Was ist schon ein Unwetterschaden im
Vergleich zu einer Schlacht vor den Toren Aleppos?
Immerhin, zum
Sonntagsfrühstück gibt es Toast, Orangenmarmelade und Life-Beschuss in den
Frühnachrichten. Grellen Explosionsblitzen folgen dumpfe Detonationen, während
der Reporter vom Hoteldach aus die Einschläge kommentiert. Ein Feuersturm fegt
über unser morgendliches Brunch hinweg. Minutenlanges Röcheln erstickender
Menschen - und wir sitzen in der ersten Reihe. Schweinsbraten und Knödel werden
hastig aufgetragen, während die hübsche Tageschausprecherin mit
sensationsintonierter Stimme die gelungene Bratensauce mit Blut, Angst und Leid
verfeinert. Das Inferno brennender Ruinen garniert den Endiviensalat. Der
schauerliche Tod als Unterhaltungssendung und Quotenrenner begleitet uns ins
verdiente Wochenende. Mal sehen, wie die Sache weitergeht. Vielleicht haben wir
Glück, und es gibt am Montag die Fortsetzung mit einer französischen
Botschaftssprengung oder ein erfolgsversprechendes Attentat auf den Papst.
Die USA machen
Assads Regierung für den mutmaßlichen Angriff auf die von Rebellen
kontrollierte Stadt Duma in Ost-Ghuta verantwortlich und haben bereits in den
vergangenen Tagen mit militärischen Schritten gedroht. Die Organisation für ein
Verbot der Chemiewaffen (OPCW) will schon bald eine zehnköpfige Delegation zur
Untersuchung in das Gebiet schicken, obwohl den so genannten Experten bekannt
ist, dass sich Chlorgas nach 6 Tagen nicht mehr nachweisen lassen. Aber was
soll’s, der TV-Konsument weiß längst, dass er vor der Mattscheibe im Quadrat
beschissen wird und Nachrichten nur noch dazu dienen, dass der Chips- und Bierumsatz
bei Aldi steigt.
Nebenbei eine
Randnotiz, dass die Flugaufsichtsbehörde Eurocontrol vorsichtshalber Warnungen
an alle Fluggesellschaften schickt, weil es im Luftraum über Syrien in den
nächsten 72 Stunden zu Raketeneinsätzen kommen könnte. Nur gut, dass Assad
rechtzeitig informiert wurde, man könnte ja sonst mutmaßen, dass man diesem
Massenmörder ans Leder will. Vorsorglich wurde die syrische Armee und ihre
Verbündeten im Land in der Nacht zum Dienstag in volle Alarmbereitschaft
versetzt. Die syrischen Streitkräfte räumten am Mittwoch die Stützpunkte.
Schließlich will man ja beim Syrer keinen großen Sachschaden anrichten, wenn
sich Amis und Russen gegenseitig mit Raketen beharken.
Hört man bei uns einen empörten Aufschrei aus den Parteizentralen der SPD, der FDP oder der Grünen? Steht irgendeiner dieser weich gespülten Diäten-Empfänger auf und rüttelt die Gesellschaft auf, appelliert an die Vernunft oder ruft zum Widerstand gegen diesen kriegstreiberischen Irrsinn auf? Dürre Worte unserer Kanzlerin, verschämtes Aufbäumen von links, kaum hörbarer Protest aus den FDP-Reihen, standardisiertes Gestammel allenthalben. Dazwischen ein ARD-Experte, der in der Tonlage eines verhungernden Furzes dem TV-Konsument darlegt, dass alles gar nicht so schlimm ist. Sind wir alle von guten Geistern verlassen, wenn wir sehenden Auges unserer Regierung und somit auch der Kanzlerin nicht die Leviten lesen und schweigen?
Schwenken wir die
Kameras zurück auf den islamistischen Widerstandskämpfer, der sich in letzten
Krämpfen am Boden windet. Es folgt die Diskussionsrunde mit Politikern und
Friedens-Experten. Ernste, sachkundige Physiognomien erklären, der Feind sei
Dank einer mit hoher Präzision abgeworfenen Splitterbombe in den Unterleib
getroffen und habe geradezu lehrbuchmäßig ins Gras gebissen. Allah al Akba
röchelt ein unbeteiligter Muselmane, kippt kollateral gemeuchelt aus den
Sandalen und tut den letzten Atemzug. Stündlich neue Schreckensbilder
ermöglichen grausiges Schauern auf dem kuscheligen Sofa. Siegerposen beim
Gegner, derweil unsere Kinder am Marsriegel kauen und das Massensterben wie ein
Computerspiel verfolgen.
Nun kommt auch
noch Frau Merkel ins Spiel, die mit Leichenbittermiene dem Volk erklärt, dass
man den Giftgasanschlag auf die Syrer verurteile. Die Bundeskanzlerin gab der
syrischen Regierung am Mittwoch eine mögliche Verantwortung für den Angriff.
"Es gibt schwere Indizien, die in Richtung des syrischen Regimes zeigen.
Auf der Grundlage werden dann auch die weiteren Bewertungen durchgeführt
werden", sprachs und trat mit dem Hinweis ab: An Spekulationen über einen Militärschlag
wolle sie sich nicht beteiligen. Weshalb aber die Fregatte Hessen im Flottenverband
der US-Marine durchs Mittelmeer pflügt, erklärte sie nicht. Vermutlich haben
ein paar Urlauber eine Abenteuerreise auf dem Kriegsschiff gebucht.
Wie war das doch
gleich in Libyen und dem Irak? Interviews vor Ruinenkulissen. Der
Fernsehteilnehmer hat Anspruch darauf, das ganze Ausmaß der Zerstörungskraft
einer Rakete zu würdigen, derweil Opa in der Abendzeitung liest, dass Procter
& Gamble den Lieferwettbewerb für die Soldaten über 350.000 Rollen
Klopapier gewonnen hat und Pepsi mit einer Schiffsladung eisgekühlter Getränke
die Soldaten sponsert. Medialer Voyeurismus kennt keine Grenzen. Und das
Säbelrasseln kranker Politikerhirne, ob nun in England, Frankreich oder
Deutschland garantiert gute Unterhaltung.
Es wird
abgelichtet, festgehalten und dokumentiert, was das Zeug hält. Blut, Tränen,
Angstschreie, operettenhaft inszeniert, Gefangene, Verwundete und Fliehende in
Großaufnahme, verängstigt, verunsichert und taufrisch auf deutsche Bildschirme.
Leichtfüßig wird die blutige Berichts-Ethik auf die gleiche schamlose Art
überwunden, wie die Russen und Amerikaner Menschenrechte verletzen. Die besten
Einschaltquoten haben Sender, in denen am meisten gelitten, gestorben und
verwüstet wird und keiner dieser gewählten Regierungsnullen schreit empört auf.
Der dritte Weltkrieg ist uns dieser Tage näher als wir ahnen. Und wieder einmal
spielt Deutschland eine unrühmliche Rolle.
Experten debattieren
über Rechtsverletzungen und Verhältnismäßigkeiten, über Risiken und
Vermeidungsstrategien. Hat irgendeiner dieser vernebelten Polit-Hirne
begriffen, auf wessen Schultern Kriege ausgetragen werden? Mir ist völlig einerlei,
welche Nation Regenten mit eingeschränktem Denkvermögen hat, und weshalb ein Volk so dämlich war, diese arme Figur zu wählen. Aber mir ist es
nicht egal, wenn mir politische Psychopathen erklären wollen, dass der Einsatz
von Bomben, Panzer, Raketen oder Gift geeignete Maßnahmen sind, Frieden zu
stiften. Im Augenblick jedenfalls unterscheiden sich die verantwortlichen
Protagonisten der Kriegstreiber kaum vom Terroristen, der eine Diskothek in die
Luft sprengt.
Niemand will
Krieg, hört man allenthalben, und wenn er schon nicht zu vermeiden ist, dann
soll er möglichst schnell beendet werden. Nun ja, für das arme Schwein an der
Front kann die Schlacht sehr schnell beendet sein. Ein für alle Mal. Nur die
Regierungskaste überlebt. Welch eine Ungerechtigkeit, wenn Idioten davonkommen.
Vernichtet wird im Namen der Menschlichkeit. Lippenbekenntnisse? Einhellige Meinung?
Nein, es ist zum Kotzen, wenn man die noch unblutigen Wortgefechte zwischen
Russland und den USA verfolgt, in denen jeder dem anderen die Welt erklärt.
Gegenseitige Schuldzuweisungen haben Hochkonjunktur und treiben uns hemmungslos in einen dritten Weltkrieg. Und alle sehen zu.
Kampfhandlungen
werden mit Begriffen wie: Präzise Operation, defensiver Erstschlag,
chirurgischer Eingriff oder störungsarmer Geländegewinn verharmlost. Mir stockt
der Atem bei solchen Wortschöpfungen. Und im Falle Syrien? Mir scheint, da
sieht man lieber dem Meuchelmord Tausender von Syrern zu, als die eigene
Wirtschafts- und Politinteressen zu gefährden. Allen voran die USA.
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